„Um uns her standen einundzwanzig Edeltannen und neigten sich gravitätisch in dem Winde, der ging. Diese einundzwanzig Tannen pflanzte der alte Feldmarschall im
Sommer 1821, als die Nachricht nach Karwe kam, daß Napoleon am 5. Mai auf St. Helena gestorben sei.“
Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Kapitel V
Nadelbäume sind im Karwer Gutspark eine ausgesprochene Ausnahme. Mit den drei schütteren, jedoch auffallend hoch gewachsenen Bäumchen, die man im Karwer Park vorfindet, hat es vielleicht seine ganz besondere Bewandnis. Sehen wir uns einmal die einzigen Park-Tannen am Ferienhaus neben der Grabstelle von Erich von dem Knesebeck genauer an. Bei diesen Exemplaren handelt es sich um zwei Nordmann-Tannen (Abies nordmanniana) (übrigens passend zum Dezember einer unserer beliebtesten Weihnachtsbäume) sowie eine Douglasie (Pseudotsuga menziesii). Zugegeben, sie sind keine Schönheiten, diese dünnen, schmal-wipfligen Bäume und alles andere als spektakulär. Gäbe es da nicht eine nette Geschichte aus dem Park, die uns Fontane überliefert hat.
Nach dem Tode von Napoleon im Jahr 1821 soll der damalige Gutsherr, der berühmte Generalfeldmarshall Karl Friedrich von dem Knesebeck, zum Andenken an dieses Ereignis 21 Edeltannen in einem Rondell angegepflanzt haben. Napoleons Todestag, der 5. Mai, war auch gleichzeitig Karl Friedrichs Geburtstag. War es Triumph oder gar eine Geste des Respekts vor dem nun endgültig besiegten Gegner? War es lediglich eine schrullige Eingebung? - Das eigentliche Motiv für die Pflanzung bleibt schlussendlich sein Geheimnis. Als Fontane die Tannen „gravitätisch im Winde“ neigend beschrieb, waren sie schon um die vierzig Jahre alt. Da Tannen durchaus 400 - 500 Jahre alt werden können, ist es schon merkwürdig, dass sie so spurlos verschwunden sind. 1930 waren sie, schon über hundert Jahre alt, auf jeden Fall noch da, wie das Protokoll einer Wanderfahrt der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg am 19. Oktober des Jahres ausweist. Waren sie sämtlich vom Sturm geknickt? Wurden sie wegen Krankheitsbefall gefällt? Waren die Bodenverhältnisse am Standort für die Koniferen zu ungünstig? - Wo sich genau das Rondell befand ist heute nicht mehr sicher nachzuvollziehen. Es ist aber wahrscheinlich, dass es sich in Schlossnähe am nördlichen Ende des damaligen "Pleasurground" (Wiesenfläche) befunden hat, ungefährt dort, wo sich noch bis in die 1960iger Jahre die ehemalige alte Gärtnerei befand (heute die Ferienhäuser an der Dorfstraße). Dies korreliert recht gut mit dem Standort der "Drei Grazien" auf den Fotos rechts. Auf einer Skizze des Landschaftsarchitekten Hermann Göritz aus dem Jahr 1962 zum Kernbereich des Parks hinter dem Schloss ist in der Nähe noch eine große Fichte eingezeichnet (Wendland, 2015; Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, Band 6, S. 346), die heute ebenfalls verschwunden ist. Die drei verbliebenen Gutsparkstannen stammen definitiv nicht aus dem Jahre 1821. Aber könnten es nicht über Sämlinge verbliebene Nachfahren eben jener „Napoleonstannen“ sein? – Mit diesem charmanten Gedanken betrachtet man die drei Bäumchen mit anderen Augen.
Und eine weitere Nadelholz-Besonderheit gibt es im Karwer Parkgebiet direkt am Weg zu den Bungalows: einen seltenen, als Naturdenkmal
ausgewiesenen Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides), den es sich anzuschauen lohnt. Die Art wurde erst in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts in China entdeckt und soll
als „lebendes Fossil“ bereits in der Kreidezeit existiert haben als noch die Dinosaurier die Erde beherrschten.